Maximilian Paier / Der Talisman / Salzburger Landestheater  


Posse mit Gesang in drei Akten 
von Johann Nestroy
Fotos © Anna Maria Löffelberger

Inszenierung Bernd Liepold-Mosser
Bühne und Kostüme Aurel Lenfert
Musik Christian Auer
Dramaturgie Friederike Bernau
Mit: Maximilian Paier, Tina Eberhardt, Sofia Payet, Patricia Aulitzky, Britta Bayer, Georg Clementi, Marco Dott, Axel Meinhardt, Lisa Fertner

Premiere am 18. März
Whd.: 22., 24., 30. März, 04., 18., 19., April u.v.a 

“Natürlich hätte Regisseur Bernd Liepold-Mosser am Salzburger Landestheater aus roten Haaren auch irgendein anderes vermeintliches Stigma machen können: Rasta-Locken oder Glatze, Nasenringe oder Tattoos, ganz egal, es geht um die Ablehnung von Menschen, die durch ihr bloßes Aussehen als "ungewöhnlich" wahrgenommen werden, als "exotisch" und irgendwie "unseriös", ja "bedrohlich".

Doch weil es Nestroy ist, hätte zu viel Aktualisierung nur noch Dynamit übriggelassen und die Moral damit arg ohrenbetäubend explodieren lassen. So dagegen wurde es eine ausgesprochen beschwingte Zwei-Stunden-Revue über dumme, dreiste und durchtriebene Zeitgenossen, die zwischen Perücke und Hirn schon lange nicht mehr unterscheiden. Sie sind es gewohnt, Ansichten wie Farben zu wechseln, vorausgesetzt, der eigene Vorteil bekommt dabei keinen Spliss. 

Ausstatter Aurel Lenfert hatte eine Art Hindernisparcours entworfen, in dem eine Wasserfontäne für gefährliche Glätte sorgt. Wer hier die Sprossen nach oben nehmen will, sollte ein rutschfestes Selbstbewusstsein haben, aber das ist Titus Feuerfuchs (Maximilian Paier) zweifellos gegeben. Es macht Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie er immer skrupelloser wird, die Sympathien des Publikums sind ihm sicher. Aber auch die drei höchst unterschiedlichen Witwen, die ihn nacheinander begehren, dürfen auf das Verständnis aller Zuschauer rechnen, die sich zu jung für die Einsamkeit fühlen. Und eine Träne darf sein, wenn Feuerfuchs am Ende seine Schlechtigkeit bedauert und vor unseren Augen zu einem besseren Menschen wird - in der Komödie geht das, aber auch nur da.

Nestroy, der bei der Uraufführung persönlich die Hauptrolle übernahm, musste sich im Vormärz, wenige Jahre vor der 1848er Revolution, mit einer recht ungnädigen Zensur herumschlagen. Dabei liebte er spontane Einlagen, gerade auch musikalische. Im Salzburger Landestheater steuerten Komponist Christian Auer und der Regisseur neue Couplets bei, mal sehnsuchtsvolle, mal rockige, mal g´scherte: "No work, no fear, stehe ich hier", heißt es da, oder auch: "Sorry es geht doch nicht um die Frisur". Mit diesen skurrilen Botschaften wird Nestroy absolut zeitgemäß, wie eine Dreigroschenoper auf Gras.

Die herrlich wasserfesten und jederzeit abwaschbaren Kostüme im Latex-Look signalisieren: Hier kann sich jeder im moralischen Dreck wälzen, so lang er möchte, es bleibt garantiert nichts hängen, außer vielleicht eine Erbschaft hier und da. Die Schauspielerriege macht ihre Sache dabei mit Blick auf die Wasserspiele wirklich "quietschvergnügt", neben Maximilian Paier vor allem Britta Bayer als liebestolle Gärtnerin und Tina Eberhardt als schrullige Literatin von Cypressenburg.

Überhaupt, die Sprache: Bei Nestroy reden alle, um ihre Absichten zu verschleiern. Wer den Mund aufmacht, will nicht verstanden, sondern bewundert werden. Ehrlich sind diese Menschen nur zum Publikum, also zu sich selbst. Was würden die Perückenmacher dazu sagen? Wahrlich verlockende Aussichten!”
(Peter Jungblut /br.de)